Mittwoch, 4. Dezember 2024

Bündnis für Inklusion – Fachtag „Anders ist doch ganz normal“

HILDESHEIM. Auf dem heutigen Fachtag für Inklusion in Hildesheim konnten sich Interessierte und Betroffene Informieren und austauschen. Das örtliche Bündnis für Inklusion hatte dazu geladen und viele waren gekommen. Mit unter den Vortragenden auch die Kinderbuchautorin Corinna Meyer und der Profi-Basketballspieler Tan Caglar.

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Landrat Reiner Wegner hatte heute seinen letzte offiziellen Auftritt. Nach zehnjähriger Amtszeit hatte es ihn gefreut, diesen Fachtag zu eröffnen. Wegner war damals für acht Jahre gewählt worden, um die diesjährige Kommunalwahl jedoch im Intervall besser abzupassen, gab es die Vereinbarung, dass der Landrat in Hildesheim zehn statt acht Jahre das Amt besetzt. Doch für Wegner ist nach den zehn Jahren Schluss, er verabschiedet sich in den Ruhestand. Zuvor verwies er auf den Aktionsplan Inklusion 2017 und die Etablierung des Bündnisses für Inklusion. Wegner zeigte sich von der Resonanz begeistert. Auch der Landkreis Hildesheim habe den Bedarf frühzeitig erkannt und auch immer reagiert.

Die Leiterin der Fachstelle Inklusion des Landkreises Hildesheim Susanne Coers moderierte die Veranstaltung im weiteren Verlauf. Mit an ihrer Seite die beiden hauptberuflichen Gebärdendolmetscherinnen Vanessa Müller und Jessica Sodomann. Coers erläuterte kurz die Arbeit des Bündnisses und die etablierten Arbeitsgruppen. Diese eruieren und diskutieren Bedarfe, tauschen sich aus und bilden Netzwerke. Die Entwicklung von Handlungsempfehlungen, die Umsetzung der UN-BRK und eines kommunalen Aktionsplans gehören zu den wesentlichen Aufgaben.

Susanne Coers freute sich, die Kinderbuchautorin Corinna Meyer begrüßen zu dürfen. Meyer ist bekannt durch das Kinderbuch „Der Marienkäfer mit einem Punkt“. Ein Marienkäfer der anders ist und bestens zu dem heutigen Thema passte. Die selbst geistig Behinderte wollte schon immer schreiben und hat nun die Chance dazu. Bereits jetzt ist das zweite Buch „Wellensittich Willi“ steht schon in den Startlöchern und das dritte Buch ist in Planung. Corinna Meyer findet bei ihrer redaktionellen Arbeit Unterstützung vom örtlichen DRK Ortsverband, der ihr unter anderem einen Computer für ihre Arbeit beschaffte. Auch die Produktion der ersten Auflage fand mit Unterstützung des DRK und Eigeninitiative statt. Im Großen Saal des Landkreises gab Meyer eine Kostprobe und las aus ihrem Buch, dessen Zeichnungen sie im übrigen auch selbst erstellt hatte. Lustige und nachdenkliche Geschichten, die eigentlich für ihr eigenes Kind waren. Ihr Lebensgefährte und das Kind können aber auf sie stolz sein, so erfreuen ihre Bücher nun viele Kinder in Deutschland und vielleicht findet sich in Kürze ein Verlag, der ihre Bücher in höheren Auflagen aufsetzt.

Jana Petersen, vom Bundesverband behinderter und chronischkranker Eltern e.V., informierte in ihrer Präsentation über den 1999 in Hannover gegründeten Verein. Im Fokus standen aber die Eltern selbst. Der b.b.e. wolle die Situation behinderter Eltern verbessern, selbstbestimmte Elternschaft ermöglichen und Wissen über personelle Hilfe vermitteln.
Momentan stehen die Familien vor großen Hürden. Hilfen werden nicht in Anspruch genommen, da die Probleme im Familienalltag untergehen. Sie haben in der Regel schwierige Voraussetzungen und immer steht die unbegründete Angst im Raum: „Wird mein Kind weggegeben“. Wenn es Hilfen gibt, dann greift der Behördenirrsinn und lange Wartezeiten drohen. Das frustriert die Betroffenen besonders.
Dabei gibt es in Deutschland rund 900.000 Eltern mit Behinderung mit Kindern unter 18 Jahre. Dabei geht es es im Wesentlichen um eine zeitweilige Assistenz. Dazu muss entschieden werden, zwischen: Elternassistenz, begleitende Elternschaft und sozialpädagogische Familienhilfe. Filme und Beispiele unterstrichen die Unterschiede und erläuterten die Beratungsarbeit des Verbandes.

Tan Caglar ist nicht nur Profi-Basketballspieler, sondern auch Model und Schauspieler (RTL 2-Serie Berlin – Tag und Nacht). In einem lebendigen Vortrag schmeichelte Caglar dem Publikum, indem er auf humorvolle Weise von seinen Erfahrungen aus dem Alltag berichtete. Ironie ist Caglar wichtig – auch in der Inklusion. Wobei das Wort Inklusion Caglar gar nicht gefällt. Es ist ein Begriff für Normalität, wobei auch das wiederum ein grenzwertiges Wort sei. Bei Inklusion wundern sich Eltern, dass ihre Kinder mit Behinderten zusammen in der Klasse lernen sollen. Doch was ist falsch dabei, denn so manche Stoffwiederholung sei auch für die „normalen“ Schüler nicht schlecht, unterstreicht Caglar , der bis zu seinem 20. Lebensjahr auch noch auf seinen Beinen lief und sogar in der 3. Basketball Bundesliga spielte. Ebenso wird bei den Schülern die Persönlichkeitsentwicklung dadurch gefördert, was eigentlich unbezahlbar ist.

„Normal“ ist für Caglar eigentlich auch ein Novum, denn was ist normal? Caglar zeigte auf eine Dame und fragte: „Sind Sie normal?“. „Wenn Sie es sind, dann wäre schon ihr Nebenmann unnormal, denn er sieht ja völlig anders aus“, zeigte Caglar auf.

Caglar war es wichtig, nicht Grenzen zu überschreiten oder Grenzen einzureißen, Caglar möchte eine Normalität für alle erreichen.

In einem Raum fällt er im Rollstuhl auf. Caglar spürt die ganze Zeit eine gewisse Anspannung, es knistert förmlich, bis er sich erklärt und berichtet, warum er im Rollstuhl sitzt. Die Menschen müssen verstehen, dass wir alle unterschiedlich sind und wir das Aussehen des anderen akzeptieren müssen.

Er selbst ist schon im Kindesalter sportbegeistert. Er wollte stets Basketball spielen und schaffte es mit seinem Team in die 3. Bundesliga. Vor deprimierenden 50 – 100 Zuschauern spielten sie in kleinen Hallen. Dann hatte ihm sein „offener Rücken“ einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ihm fiel das Laufen immer schwerer, konnte seinen Lieblingssport nicht mehr ausüben. Caglar verfiel in eine Depression und mauerte sich ein, nicht die Tatsache, dass er sich mit dem Rollstuhl so langsam anfreunden musste, sondern dass er seinen Sport nicht mehr ausüben konnte. In einer Reha-Maßnahme kam die Wende, ein Betreuer empfiehl im doch Rollstuhl-Basketball zu spielen. Caglar war noch nicht überzeugt, dachte es sei nur ein Haufen „Behinderter“. Dann schaute er Spiele bei den Paralympics an. Hochprofessionell und schnell waren die Spiele und Caglar war begeistert. Er stellte jedoch fest, dass die Sportart nicht nur „Rollstuhlfahrer“, also Personen die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, spielen, sondern auch gehende. Nun spielt Caglar in der Bundesliga vor 500 – 1.000 Zuschauern Profi-Basketball.

Caglar gab Mut für alle, sich nicht unterkriegen zu lassen. Seine lockere und amüsante Art schmeichelte dem Publikum und sie hätten ihm gern noch weiter zugehört. Doch das Tagungsprogramm endete allmählich. Mit „Rhythm is it! – Dein Körper als Instrument“ mit Edgar Wendt und Eike Ernst schloss die Tagung musikalisch und rhythmisch. Mitmachen war angesagt und Wendt und Ernst waren dabei nicht nur Musiker, sondern auch Animateure.

Eine gelungene Veranstaltung mit vielen Informationen.

Redaktion
Celler Presse

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